Die Bauabnahme und ihre Folgen

von Carsten Nessler
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Der Neubau ist fertig – Überprüfung durch die Bauabnahme

Was bedeutet die Bauabnahme für die neuen Eigentümer? Welche Folgen hat die Abnahme? Welche Fallstricke gilt es zu beachten? [Schauen Sie auch das Video am Ende des Artikels]

Nachdem -zum Beispiel- ein neu gebautes Einfamilienhaus fertig errichtet wurde, möchte das Bauunternehmen sein Geld haben und der Bauherr sein Haus… hierzu ist eine Abnahme der durchgeführten Bauleistungen notwendig. Die Vergütung erfolgt gegen erbrachte Leistung – Zahlung “Zug um Zug”, wie es meistens so schön im Kaufvertrag heißt. Diese Überprüfung der erbrachten Leistung erfolgt durch die Bauabnahme.

 

Gewährleistungsfristen und Abnahmeformen unterscheiden sich je nach Grundlage des Bauvertrages

Zuvor muss geklärt werden wie der Bauvertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer zustande kam – nach dem BGB (Bürgerliches Gesetzbuch, Werkvertrag), oder nach der VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B). [Als Auftraggeber ist hier der zukünftige Eigentümer, Käufer der Immobilie, oder auch Bauherr gemeint; Auftragnehmer meint hier den Verkäufer der Immobilie, das Bauunternehmen oder den Bauträger.]

Die Unterschiede begründen sich hierbei unter anderem durch die besonderen Abnahmeformen der VOB/B, sowie die Dauer der Gewährleistungsfristen und ob es sich um eine Vertrag mit einem Verbraucher handelt.

Bei der Abnahme wird die erbrachte Leistung des Bauunternehmens durch den Bauherren untersucht und überprüft. Hierbei muss geklärt werden, ob die durchgeführten Arbeiten im Wesentlichen den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen.
Um hier die erforderliche Gewissheit zu erlangen, werden vom Bauherrn in der Regel Bausachverständige mit hinzugezogen, um sicherzustellen dass keine Mängel übersehen werden.

Mit der Bauabnahme ist auch die Vergütung an das Bauunternehmen fällig. Im Anschluss erfolgt die Übergabe des Werkes (Haus / Wohnung) an den Bauherrn / Käufer.

Warum ist die Bauabnahme nun so wichtig?

Vor der Abnahme schuldet das Bauunternehmen den Nachweis für die fachgerechte und mangelfreie Ausführung der Leistung; nach der Bauabnahme muss der Käufer nachweisen, dass ein eventuell später aufgetretener oder entdeckter Mangel schon im Vorfeld vorhanden war – die sogenannte Beweislastumkehr. Dies kann mitunter schwierig werden.

Ist das Bauwerk nun mangelfrei fertiggestellt worden, sprich abnahmereif, kann die Bauabnahme erfolgen. Sollten bei der Durchführung der Abnahme trotzdem Mängel entdeckt werden, so werden diese in einem Mängelprotokoll dokumentiert und aufgeschrieben um diese -in der Regel- beseitigen zu lassen. Das Aufführen und Auflisten von Mängeln ist bis dahin aber nur eine Zustandsbeschreibung; für die Beseitigung der Mängel muss gegenüber dem Bauunternehmen vom Bauherrn eine Aufforderung ausgesprochen werden, dies in einer angemessenen Frist auch zu tun. Diese Aufforderung erfolgt am besten schriftlich.

Die Abnahme kann nur verweigert werden, wenn ein wesentlicher Mangel der Bauleistung vorliegt; unwesentliche Mängel rechtfertigen keine Abnahmeverweigerung. Bei der Frage wann ein wesentlicher Mangel vorliegt, was unwesentliche Mängel sind und wie mit einer Vielzahl von unwesentlichen Mängeln umzugehen ist, kann Ihnen ein Gutachter weiterhelfen.

Zu beachten ist, dass nach erfolgter Abnahme das Risiko der Beschädigung, Zerstörung oder des zufälligen Untergangs des Bauwerks auf den Bauherren übergeht, sofern nichts anderes im Kaufvertrag geregelt ist.

Wie läuft so ein Bauabnahme-Termin ab?

Vorbegehung: Während der Vorbegehung werden die betroffenen Räumlichkeiten vom Sachverständigen gemeinsam mit dem Käufer abgegangen. Beanstandungen, Abweichungen vom Stand der Technik oder Mängel werden direkt vor Ort angesprochen. Hierüber wird ein Protokoll erstellt anhand dessen der Bauträger / das Bauunternehmen die aufgeführten Mängel prüfen und vor der Abnahme beseitigen kann.

Teilabnahme / Zwischenabnahme: In manchen Fällen verlangt der Bauträger von Ihnen eine Teilabnahme. Hier ist Vorsicht geboten! Laut Gesetzgeber müssen Sie üblicherweise das „vertragsgemäß hergestellte Werk abnehmen“, also die fertige Immobilie und nicht Teile hiervon. Fragen Sie Ihren Rechtsbeistand oder Ihren Sachverständigen wie damit umzugehen ist, sollten Sie zur Teilabnahme oder zur technischen Zwischenabnahme aufgefordert werden. Verwechseln Sie bitte nicht Ihren Zahlungsplan mit Teilabnahmen. Hier könnte sonst schon die Verjährungsfrist anfangen.

Bauabnahme / Endabnahme: Bei der Bauabnahme ihres Hauses oder der Abnahme Ihres Sondereigentums (Eigentumswohnung) geht der Sachverständige wiederum mit dem Käufer alle betroffenen Räumlichkeiten zusammen ab; auch hier werden alle sichtbaren Mängel, Abweichungen von der Norm und Abweichungen vom vereinbarten Bauzustand protokolliert und dokumentiert. Ihr Bausachverständiger von ImmoWert Hessen wird im Ortstermin eine Aussage zur Abnahmereife der Immobilie treffen und eine Empfehlung aussprechen, die Abnahme durchzuführen oder gegebenenfalls zu verweigern.

Welche Arten der Bauabnahme gibt es?

Über die zuvor beschriebene Vorbegehung und Bauabnahme hinaus besteht die Möglichkeit der Abnahme des Rohbaus und einzelner Gewerke, sowie die Abnahme nach Fertigstellung des Gebäudes zur Feststellung der Bezugsfertigkeit sowie der Abnahmereife.

Im Wohnungseigentumsbereich wird hierbei unterschieden nach

  • der Abnahme des Sondereigentums der gekauften Wohnung (die Eigentumswohnung; in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem Grundstück und dem Gemeinschaftseigentum entsteht so das Wohnungseigentum),
  • der Abnahme des Teileigentums (zum Beispiel Keller, Garagen oder Tiefgaragenstellplätze),
  • der Abnahme von Flächen des Gemeinschaftseigentums mit Sondernutzungsrechten, die einzelnen Wohnungseigentümern zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen wurden (zum Beispiel Pkw-Stellplätze und Carports auf dem Grundstück sowie Gartenanteile)
    sowie
  • der Abnahme des gemeinschaftlich genutzten Eigentums (das Gemeinschaftseigentum wie Treppenhaus, Wohnungseingangstüren, Aufzug, Fassade, Dach, Außenanlage, etc.).

Bei der Bauabnahme eines Einfamilienhauses oder Zweifamilienhauses erfolgt dies in einem Schritt. Hierbei werden vom Bausachverständigen alle Gewerke entsprechend vom Keller bis unters Dach begutachtet. Der Sachverständige prüft ob der Ist-Zustand des fertig gestellten Baus mit der Baubeschreibung und eventuell vereinbarten Kundensonderwünschen übereinstimmt. Weiterhin wird überprüft, ob die einschlägigen DIN Normen eingehalten wurden, die Immobilie mängelfrei ist, und die im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen eingehalten wurden.

Was passiert, wenn ich als Käufer Mängel übersehe?

Dafür haben Sie ja Ihren  Bausachverständigen mit vor Ort, oder?!

Anhand einer eigens auf Ihre Immobilie zugeschnittenen Check-Liste geht Ihr Bausachverständiger von ImmoWert Hessen mit Ihnen alles zusammen durch und wird am Ende des Abnahmetermins eine Empfehlung geben, die Abnahme zu unterschreiben, oder sollten die Mängel zu gravierend sein, die Abnahme zu verweigern.

Was passiert nach der Bauabnahme?

Nach der Schlussabnahme der Immobilie erfolgt die Schlüsselübergabe an den zukünftigen Eigentümer. Somit gehen alle Rechte, Lasten und Risiken auf den neuen Eigentümer über und dieser darf die Immobilie nun nutzen.

Um einer Verjährung von Mängelansprüchen vorzugreifen macht es durchaus Sinn vor Ablauf der Gewährleistung das Objekt (erneut) durch einen Sachverständigen in Augenschein nehmen zu lassen.

Über den Autor: Carsten Nessler

Als Gutachter für Immobilienbewertung und Bauschäden ist Carsten Nessler über die Grenzen des Rhein-Main-Gebietes für Sie tätig. Von seinem Büro aus in Wiesbaden unterstützt er Sie gerne bei Ihnen vor Ort in Hessen und Rheinland-Pfalz. Ob Sie Fragen haben beim Kauf einer Eigentumswohnung, Hilfe benötigen bei der Abnahme oder Übergabe Ihrer Immobilie, Sie sich unsicher über die Wohnfläche Ihres Hauses sind, eine Zustandsdokumentation (eine sogenannte Beweissicherung), oder ein Gutachten zur Einschätzung von Bauschäden benötigen – Fragen Sie ihn, er hat die Antworten.

Das oberste Bild im Artikel zeigt die bei der Bauabnahme vorgefundene provisorische Absturzsicherung (fehlendes Geländer = Baumangel) eines Balkons an einem Mehrfamilienhaus in Frankfurt am Main.

Veröffentlichung in Fachzeitschrift

Cover-Seite der Fachzeitschrift "Der Bausachverständige" mit dem Artikel des Baugutachters Carsten Nessler zum Thema: "Sachverständige und Bauabnahme"Die Fachzeitschrift „Der Bausachverständige“ hat hierzu mit dem Baugutachter Carsten Nessler ein Interview geführt und seine Expertenmeinung eingeholt.

Geklärt werden unter anderem die folgenden Themen:

  • Was bedeutet die Bauabnahme für den Käufer?
  • Warum sollte man einen Bausachverständigen mit zur Bauabnahme nehmen?
  • Wie unterstützt der Bausachverständige bei der Bauabnahme?
  • Wann sollte man einen Bausachverständigen zur Abnahme hinzuziehen?
  • Welche Unterlagen benötigt der Bausachverständige?
  • Wie werden Baumängel dokumentiert?
  • Wann wird die Bauabnahme verweigert?
  • Was kostet ein Gutachter für die Bauabnahme?

Das ganze Interview mit dem Titel „Expertenmeinung: Sachverständige und Bauabnahme“ ist in der PDF-Datei zu lesen.

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